13 THESEN über die Unabdingbarkeit der Werkerziehung
...oder: "Warum kann man technische Werkerziehung nicht abschaffen?"
Argumente für das Fach Technisches Werken von Mag. Johannes Lhotka, erschienen in "Hauptfach Werkerziehung"/ schulheft 89/1998
1. Werkerziehung ist das Tor zur Studierfähigkeit für
Menschen, die einen technisch-praktischen Zugang zum Erkenntnisgewinn haben.
Anfassen kommt vor Erfassen, Greifen vor Begreifen .....
2. Werkerziehung ist die Grundlage für
Technologieverständnis und Technikkritik. Wer unsere jetzige Welt verstehen
will, braucht technische Kenntnisse, wer unsere (vielleicht zu) technische Welt
verändern will, muß wissen, was man weglassen kann.
3. Werkerziehung ist das Entwicklungs- und Bewährungsfeld
für Eigeninitiative und Selbständigkeit. Immer nur brav Aufgaben machen ist zu
wenig. Eigene Ideen konkret ausprobieren,
immer wieder neue Versuche starten, Lösungen finden und das Werk mit eigenen Händen
zusammenbauen - daraus entsteht das Bewußtsein: ich schaffe es!
4. Werkerziehung ist der für eine ganzheitliche Bildung
notwendige handwerklich-praktische Gegenpol zur kopflastigen Theorie. Nicht zu
Unrecht wird den Absolventen der Allgemeinbildenden Höheren Schule Praxisferne
nachgesagt. Solche Vorwürfe können mit einem Oberstufenfach Werkerziehung
abgewendet werden.
5. Werkerziehung ist das Labor für Experimentieren,
Forschen, Begreifen und Verstehen von Zusammenhängen. Das Denken in Systemen,
das Zusammenführen der theoretischen Fächer in praktischen, real existierenden
Projekten und Werkstücken - so wird Wissen be-GREIF-bar. Werkerziehung spannt
eine Brücke zwischen Theorie und Praxis für alle anderen Schulfächer.
6. Werkerziehung ist die Nagelprobe für schulische Bildung
durch konkretes, praktisches Problemlösen. Fit für die Aufgaben der Zukunft.
Weiterleben, auch wenn die Lehrer schon gestorben sind.
7. Werkerziehung ist ein Herausfordern der Kreativität
(z.B. durch Erfinden). Nicht sklavisches Nachbauen von vorgefertigten
Bausätzen, sondern Aufgabenstellungen, bei denen die Lösung auch für den Lehrer
noch offen ist, Nutzung der kindlichen Kreativität für zukunftsträchtige
Lösungen.
8. Werkerziehung ist eine Ausbildung zur
Technikfolgeabschätzung. Nicht alles, was der Mensch machen kann, soll er auch
erschaffen. Techno - Ethik in der Praxis.
9. Werkerziehung ist eine wichtige Hilfe zur
Teamfähigkeit. Weg vom Einzelkämpfer, Teamwork ist gefragt. Der junge Erfinder,
der zukünftige Handwerker, der Organisator von morgen, der immer hilfsbereite
Handlanger - jeder findet in der Projektgruppe seinen Platz.
10. Werkerziehung ist das Bindeglied zwischen Hochkunst
und Alltagskultur. Design oder nicht Sein, Wiener Werkstätten, Thonet und
andere Beispiele österreichischer Gestaltungskunst für Gegenstände des
täglichen Lebens: Werkerziehung schafft das Bedürfnis nach qualitätsvoller
Gebrauchskunst.
11. Werkerziehung ist die Voraussetzung für bewußtes
Konsumentenverhalten. Wer seine Bedürfnisse kennt, wer die Qualitätskriterien
kennt, wer die gestalterischen und technischen Möglichkeiten kennt, der fällt
auf keinen Ramsch herein.
12. Werkerziehung ist eine Hilfe zur Überlebensfähigkeit
in Krisenzeiten durch die Vermittlung von Basis- und Alternativtechnologien.
Wer kennt sie noch, die alten, aber wirksamen Tricks unserer Vorfahren, als es
noch keinen elektrischen Strom gab, als alles noch von Hand gemacht wurde?
Werkerziehung als Pfadfinderlager und als Überlebenstrainingscamp.
13. Werkerziehung ist die Vermittlerin von
Schlüsselqualifikationen in einer vom Menschen gemachten Welt. Der Mensch
gestaltet die Natur mit Hilfe der Technik nach seinem Gutdünken um. Unsere
Kultur hat sich bereits sehr weit von der Natur wegentwickelt. Der
Werkunterricht vermittelt Sachverstand und Verantwortlichkeit, um in dieser von
der Technik bestimmten Welt zurechtzukommen.
Diese Thesen sollen den Werkerziehern zur eigenen
Orientierung dienen. Als Argumentationshilfe beim Auftreiben von Sponsorgeldern
muß auf eine geeignete Auswahl geachtet werden. Nicht jeder verträgt jedes
Argument!
Mag. Johannes Lhotka, A3943 Schrems, Kleedorf 25
Tel 02853/77393
e-mail: j.lhotka@werken.at